Boccaccio - ein Dichterleben zwischen Hölle und Paradies

11 - 13 Uhr

Stadtbibliothek Wetzlar, Bahnhofstraße 6, 35576 Wetzlar

In Kooperation mit der Stadtbibliothek Wetzlar lädt die Deutsch-Italienische Gesellschaft Mittelhessen e.V. und Il Ponte e.V. in Marburg zur kurzweiligen Autorenlesung mit Dr. Klaus Engert (Würzburg) über den europäisch geprägten Literaten ein. Der Autor erläutert und liest aus seiner glanzvollen Lebensbeschreibung des Vaters der europäischen Prosaliteratur in Zeiten des ausufernden Frühkapitalismus zwischen Florenz und Neapel. Boccaccio musste mitten in seinem Leben mit der Pest des Jahres 1348 die größte Pandemie, die Europa je heimsuchte, miterleben. Die anschaulich erläuterten gesellschaftlichen Veränderungen der damaligen Zeit erinnern stark an die durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen. Zunächst entführt Engert in die glückliche Studienzeit in Neapel rund um den Hof König Roberts von Anjou und Boccaccios unbeschwertes, genussvolles Leben. In spannendem Kontrast dazu steht sein Rückzug in die ländliche Abgeschiedenheit des toskanischen Certaldo mit der bewussten Abkehr von gesellschaftlichen Eitelkeiten und vom übertriebenen Materialismus. So entsteht das Porträt eines prägenden Humanisten der Frührenaissance, der der Menschheit seinen Decamerone geschenkt hat. Engert lässt den Menschen voller Güte und Mitmenschlichkeit lebendig werden, der neapolitanische Lebensfreude und toskanische Tugenden in sich und seiner Literatur vereint – dessen Leben aber auch geprägt war von der todbringenden Epidemie von 1348, ihren Spätfolgen und den bis zu seinem Tod wiederkehrenden weiteren Wellen. Boccaccio – der Europäer Boccaccio (1313-1375) hat sich maßgeblich um den europäischen Humanismus verdient gemacht. Er war der erste in der westlichen Welt, der die Werke von Homer aus dem Griechischen in das Lateinische übersetzte und damit dem westeuropäischen Kultur- und Wissenschaftsbetrieb zugänglich machte. Mit seinem Decamerone, dem ersten großen erzählerischen Werk in einer europäischen Volkssprache, gilt er als Vater der europäischen Prosaliteratur. Der Decamerone war Vorbild für William Chaucers Canterbury Tales in England, und der spanische Nationaldichter Cervantes setzte sich intensiv mit ihm auseinander. Auch Lessings berühmte Ringparabel aus Nathan der Weise ist nichts anderes als die weiterentwickelte Nacherzählung einer Novelle des Decamerone. Auch Shakespeare hat viele der Stoffe des Decamerone in seine Dramen übernommen. Dr. Klaus Engert, geboren 1964 in Würzburg, widmete sich bereits im Studium u.a. an der Universität Bologna bei Umberto Eco der italienischen Sprache, Geschichte und Kunstgeschichte und der italienischen Literatur des 14. Jahrhunderts.